Mit den Reitabzeichen der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) können Reitanfänger und Pferdeprofis ihr Können unter Beweis stellen. Selbstverständlich ist es auch im Sauerland möglich, die Abzeichen zu absolvieren. Wir haben einen Prüfungstag begleitet.

 

Einblicke in den Pferdesport im Sauerland

An einem Samstag im April bekam ich die Möglichkeit auf dem Reiterhof von Arno und Bettina Leber in Sundern- Herblinghausen das Ablegen verschiedener Reitabzeichen zu begleiten und den Prüflingen über die Schulter zu schauen. Ich liebe es durch die Stalltür zu gehen, der Geruch rüttelt viele Reiterinnerung in mir wach. Heute war jedoch alles etwas anders – denn die Anspannung der Reiterinnen und Reiter die heute hier ein Reitabzeichen absolvieren würde, war deutlich zu spüren. Die Pferde müssen rausgeputzt werden, Mähnen eingeflochten und Hufe geölt werden. Auch der ein oder andere Blick ins Lehrbuch gehört an so einem Tag noch einmal dazu.

Es gibt verschiedene Reitabzeichen, die ein Reiter ablegen kann. Um ein Reitabzeichen zu bekommen, muss der Reiter ein bestimmtes Wissen im Umgang mit Pferden und dem Reiten beweisen. Je höher das Abzeichen, desto schwieriger sind die Voraussetzungen. Bei uns im Stall sollte heute das Longierabzeichen sowie die Reitabzeichen Klasse 4 und 5 abgelegt werden. Doch welche Reitabzeichen gibt es eigentlich und welche Voraussetzungen sind dafür nötig?

Vorab gibt dir die Tabelle der Deutschen Reiterlichen Vereinigung eine Übersicht über die Reitabzeichen, die seit 2014 gelten:

Mit frdl. Genehmigung entnommen aus „Das Reitabzeichensystem, gültig ab 2014“, Hrsg.: Deutsche Reiterliche Vereinigung e.V. (FN), Warendorf 2016

 

Die unterschiedlichen Reitabzeichen

Man unterscheidet die „Motivationsabzeichen“ und die „Deutschen Reitabzeichen“. Die Abzeichen sind nummeriert, beginnend mit dem Reitabzeichen (RA) 10 als Einstiegsabzeichen für den Pferdefreund. Als höchstes Qualitätsabzeichen gilt dementsprechend das Reitabzeichen 1, für den Vereinsreiter.

Zwischen dem Reitabzeichen 6 und 5 gibt es das Abzeichen „Basispass“. Der Basispass ist Zulassungsvoraussetzung für die Teilnahme zum Reitabzeichen 5. Wurde das Reitabzeichen 7 und 6 bereits absolviert, braucht der Basispass jedoch nicht zusätzlich abgelegt werden.

In einem Lehrgang zum Basispass Pferdekunde lernt man grundlegende Kenntnisse vom Umgang und Haltung des Pferdes sowie dessen Verhalten. Auch Personen, die selbst nicht reiten, können den Basispass Pferdekunde ablegen, zum Beispiel die Eltern reitender Kinder oder Partner von Pferdesportlern.

Ergänzende Infos zu den Reitabzeichen

Alle Abzeichen können in jedem Alter abgelegt werden. Die Teilprüfung „Gelände“ kann zusätzlich abgelegt werden oder jeweils die Teilprüfung „Springen“ ersetzen. Die Reitabzeichen 10 bis 6 können in beliebiger Reihenfolge absolviert werden. Ab dem Reitabzeichen 5 ist die Reihenfolge der Reitabzeichen verpflichtend. Vor allem der Reiteinsteiger findet in den ersten fünf Reitabzeichen viele Einstiegsmöglichkeiten in den Reitsport, unabhängig vom Alter und Geschlecht.

 

In der Prüfung zum Basispass sind Kenntnisse über die Grundlagen der Pferdehaltung und Fertigkeiten im Umgang mit dem Pferd gefragt.

 

Das Longierabzeichen

Im Reitstall Dunker geht es am heutigen Tag mit dem Longierabzeichen los. Die vier Prüflinge zeigen den Prüfern auf dem Zirkel ihr Können. Das Longieren gehört zur täglichen Arbeit mit dem Pferd und ist sehr sinnvoll, um bestimmte Pferdemuskeln zu trainieren, um Abwechslung in das Training zu bringen und um die Kommunikation mit dem Pferd zu verbessern.

Besonders für Reitanfänger eignet sich das Reiten an der Longe, um Sicherheit zu bekommen. Aber auch für die immer mal wieder sinnvolle Sitzschulung des erfahrenen Reiters kann das Reiten an der Longe sehr hilfreich sein. Ich kann beobachten wie gut die Kommunikation zwischen Reiter und Pferd schon in der Aufwärmphase funktioniert.

Die Prüfer geben freie Hand und beobachten die Arbeit der vier Prüflinge genau. Hin und wieder geben sie einen Hinweis, was sie sehen möchten oder ob die Hand (Richtung) gewechselt werden soll. Anschließend werden die Prüfer gebeten ihre Leistung einzuschätzen und ihr theoretisches Wissen wird überprüft. Mit dem bestandenen Longierabzeichen können die vier Reiter nun Reitanfänger unterrichten oder die Arbeit mit ihren eigenen Pferden weiter verbessern.

 

Während ein Prüfling sein Pferd vorbereitet, werden bei weiteren Prüflingen die theoretischen Kenntnisse abgefragt.

 

Ein Blick hinter die Kulissen

Nun kommen auch die Reiter ins Spiel, die zusammen mit den Longierprüflingen ihr Können bei der Dreiecksvorführung (Führen des Pferdes) und der Bodenarbeit (das gezielte Führen über Stangen und um Hindernisse) zeigen müssen. Allen gelingt dies sehr gut und die erste Aufregung legt sich etwas. An solchen Prüfungstagen ist das mit der Aufregung natürlich so eine Sache. Jeder möchte seine Sache möglichst gut machen und zeigen, was er gelernt hat und wie gut er mit seinem Pferd harmoniert. Doch der Druck und der Vergleich mit den anderen ist groß. Dementsprechend ist die Aufregung bei allen Teilnehmern spürbar. Natürlich bemühen sich die Jugendlichen und Erwachsene aber sehr, ihre Nervosität nicht mit auf den Pferderücken zu nehmen. Die Spannung soll sich natürlich nicht auf das Pferd übertragen. Das ist nicht nur für die jungen Reiter eine Herausforderung, aber jede Prüfungssituation macht die Reiter wieder erfahrener und entspannter. Doch auch auf der Zuschauerbank nimmt die Nervosität zu und vor allem die Eltern fiebern angespannt mit ihren Kindern mit.

Da nun die Reitabzeichen RA 5 und RA 4 geprüft werden, werden zuerst die beiden Dressurprüfungen zusammengefasst. Anschließend folgt für beide Abzeichen die theoretische Prüfung. Zunächst geht es aber mit dem Aufwärmen zur Dressurprüfung los. Es wärmen sich alle gemeinsam auf und sind über letzte Tipps der Begleitpersonen oder von Reitlehrerin Bettina Leber dankbar.

 

Gemeinsam wärmen sich alle Prüflinge vor der Dressurprüfung auf.

 

Das Reitabzeichen RA 5 Dressur

Für die Dressurprüfung für das Reitabzeichen RA 5 bilden heute zwei Reiterinnen eine Abteilung und führen die Prüfung gemeinsam durch. In der Prüfung zum RA 5 wird eine Dressurreiterprüfung und eine Stilspringprüfung – beide Klasse E – geritten. Im Gespräch mit den Prüfer soll man zeigen, dass man die Grundlagen der Reitlehre kennt und man sich mit dem Einstieg in den Turniersport und den Regelwerken schon vertraut gemacht hat. Das Reitabzeichen RA 5 ermöglicht den Einstieg in den Turniersport. Einzige Voraussetzung sind das Abzeichen Basispass oder die Reitabzeichen 6 und 7. Die Aufgabe der Theorie besteht aus Fragen zu folgenden Gebieten: Kenntnisse zur Unfallverhütung, Kenntnisse zum Einstieg in den Turniersport, Reitlehre gemäß den Anforderungen der Klasse E, Kenntnisse zur Bodenarbeit, Kenntnisse zum Training mit Stangen.

Das Reitabzeichen RA 4

Um das RA 4 zu machen, muss der Teilnehmer – wie oben bereits erwähnt – bereits im Besitz des RA 5 sein. Außerdem muss der Teilnehmer Mitglied in einem der FN (Bezeichnung für die Deutsche Reiterliche Vereinigung) angeschlossenen Verein sein. Auch für das allgemeine RA 4 gibt es, wie beim RA 5 keine Altersbeschränkung. Die Prüfung besteht ebenfalls aus einem praktischen und einem theoretischen Teil. Der praktische Teil beinhaltet sowohl eine Dressur- als auch eine Springprüfung der Leistungsklasse A. In der Dressur muss jede Aufgabe ohne Hilfszügel gelöst werden. Beim Springen wird zudem der Stil des Reiters im leichten Sitz, im Rahmen der Anforderungen als eine Aufgabe überprüft. Der Prüfungsteil „Springen“ kann ggf. durch den Teil „Geländereiten“ mit ähnlichen Anforderungen ersetzt werden oder auf Wunsch als zusätzliche Aufgabe erledigt werden. Die theoretische Prüfung besteht aus drei Bodenstationen, bei denen neben der Fitness des Reiters auch die Grundausrüstung eines Reitpferdes abgefragt wird. Zudem erfolgt auch hier im Rahmen der Anforderungen ein Prüfungsgespräch zum Thema Reitlehre und dem Reiten allgemein.

Der Springparcour wartet

Während sich die Prüflinge den theoretischen Fragen gestellt haben und ihr Wissen erfolgreich abrufen konnten, haben schon einige Helfer den Parcours für die beiden Springprüfungen auf dem Außenreitplatz aufgebaut. Hier gilt es, den Parcour zu bestehen und zu zeigen, dass man sein Pferd sicher über die Hindernisse bringt. Eine mehrmalige Verweigerung vor dem Hindernis wäre ein Grund für ein mögliches Nichtbestehen und so wächst bei allen noch einmal die Anspannung. Nachdem sich die Prüflinge für das RA 5 in der Halle mit einem kleinen Sprung nochmal aufgewärmt haben, geht es nach draußen. Hier warten schon die Zuschauer, die mit jedem Prüfling angespannt mitfiebern. In der Zwischenzeit machen sich auch die Anwärterinnen für den RA 4 warm und zeigen ihr Können in der Disziplin Springen. Was für ein aufregender Abschluss eines erfolgreichen Tages am Reitstall Dunker.

 

Das Springen ist die letzte Prüfungs-Disziplin des Tages.

 

Fazit zum Tag der Reitabzeichen

Es war wirklich ein unglaublich aufregender Tag und ich habe mit jedem Prüfling mitgefiebert und am Ende hielten alle glücklich und erschöpft ihr ersehntes Abzeichen in den Händen. Die Pferde bekamen für ihre guten Leistungen natürlich einige Extra-Leckerli während Reiter, Helfer und Unterstützer den Tag mit einer entspannten Abschlussfeier ausklingen ließen.