Julian Schwermann (22) hat sich seinen Traum erfüllen können. Aufgewachsen im tiefsten Sauerland hat er den Sprung zum Profifußballer schaffen können. Der 2-fache deutsche Jugend Bundesliga Meister hat bereits unter der Leitung von Lucien Favre mit den Profis vom BVB trainiert und mittlerweile den Sprung in die 3. Liga geschafft, wo er aktuell für den SC Verl aufläuft. Auf seinem Weg vom SV Endorf zum TUS Sundern, über den BVB, die deutsche Jugendnationalmannschaft, und schließlich zum SC Verl in die 3. Liga hat Julian Schwermann einiges erlebt.

Wann wird es einem klar, dass das Hobby zum Beruf wird? Was macht ein Profifußballer den ganzen Tag überhaupt? Welche Kehrseite bringt der Karriereweg mit sich und welchen Stellenwert hat seine Heimat, das Sauerland für ihn? All diese und weitere Fragen habe ich Julian gestellt, und war teilweise selbst ein wenig überrascht, aber überzeug dich am besten selbst!

 

Hi Julian! Stell dich doch am besten unseren Lesern erstmal vor. Wer bist du und was genau machst du?

Julian: Hi, danke erst einmal für die Einladung! Ich bin Julian Schwermann aus Sundern, und Fußballspieler für den SC Verl in der dritten Liga.

 

Ok, fangen wir mal mit deinem Fußball-Werdegang an. Bevor du bei Verl zu spielen angefangen hast, hast du ja bereits einige Stationen beim BVB durchlaufen. Wann wurde dir klar, dass Fußball nicht mehr nur ein Hobby ist?

Julian: Der Wechsel zum BVB hat 2012 stattgefunden, als ich 13 Jahre alt war. Ich habe ziemlich schnell realisiert, dass dies die Chance ist, meinen Kindheitstraum leben zu können. Das lag unter anderem daran, dass man auf einmal gegen Jungendmannschaften anderer Bundesligavereine gespielt hat.

Die Körpersprache war eine ganz andere, und der Druck konstant auf hohem Level zu spielen war sehr hoch, da die Konkurrenz enorm stark war. Man muss trotzdem noch herausstechen, um weiterhin dort mitspielen zu können. Fußball war dadurch nicht mehr ein freizeitmäßiges Kicken mit Freunden, die in der selben Mannschaft spielen, sondern ein ständiges Scouting von außerhalb, bei dem nur noch nach Leistung bewertet wird. Nichtsdestotrotz hat der Ehrgeiz sich durchzusetzen, dem Druck ständig überwogen und die Begeisterung für den Sport bekräftigt.

Als ich mit der U17 nach dem Finale gegen den VFB Stuttgart dann das erste Mal die deutsche Meisterschaft feiern durfte, hat sich für mich ein weiteres Mal bewahrheitet, dass ich am richtigen Platz bin und das mache, was wir am meisten Freude bereitet.

 

Ein Titelgewinn ist ja ein Schlüsselmoment einer jeden Karriere. Was würdest du sagen, war der bislang wichtigste Moment deiner Karriere?

Julian: Mich auf einen Moment festzulegen, kann ich tatsächlich nicht, da für mich viele Dinge dazugehören, die mich als Sportler und Menschen geprägt haben. Angefangen mit meinem Wechsel zum BVB 2013, die Meisterschaften mit der U17 und der U19, die Teilnahme an der UEFA Youth League, wo ich gegen die Jugendmannschaften europäischer Top-Klubs wie Barcelona oder Real Madrid gespielt habe, meine Zeit in der U15-U18 Jugendnationalmannschaft vom DFB, sowie der Wechsel zum SC Verl in die dritte Liga. All das sind Schlüsselmomente meiner Karriere, die mir besonders viel bedeuten.

 

In so jungen Jahren für die Nationalmannschaft aufzulaufen und die deutsche Jugendmeisterschaft mit einem Verein, der in Deutschland und international einen so großen Stellenwert genießt, zu gewinnen, muss unbeschreiblich sein. Andererseits warst du dafür in deinen jugendlichen Jahren natürlich auch viel unterwegs und selten zu Hause. Würdest du behaupten, dass du auf viele Sachen in deiner Jugend verzichten musstest, die der „normale“ Teenager gemacht hat? Und bereust du davon auch welche?

Julian: Natürlich ging meine Entscheidung, den Schritt aus der Kreisliga raus zum BVB zu wagen nur damit einher, dass ich bereit bin auf gewisse Dinge zu verzichten, die für die meisten Jugendlichen selbstverständlich sind. Bereuen tue ich das allerdings nicht und würde es auch jedes mal aufs Neue wieder genau so machen!

Der Zeitaufwand, den man auf sich nehmen muss, wenn man eine Karriere als Fußballspieler einschlägt, lässt oftmals keine Zeit, um an Veranstaltungen oder Partys teilzunehmen, was zugegebenermaßen aber auch nicht ganz meine Welt ist. Das liegt vor allem daran, dass ich es im Endeffekt nie anders kennengelernt habe. Während der weiterführenden Schulzeit wurde ich direkt nach dem Unterricht abgeholt und nach Dortmund zum Training gefahren. Die Kehrseite der Medaille ist, dass zwangsweise der Kontakt zu einigen Freunden abgebrochen ist. Trotz allem bin ich sehr dankbar, all die positiven Seiten des Profilebens erleben zu dürfen und den eigenen Traum leben zu können.

 

Wo du bereits das Profileben ansprichst: Seit deinem Wechsel vom BVB zum SC Verl und dem damit einhergehenden Aufstieg in die dritte Liga, trägst du auch offiziell den Profistatus. Hat sich dadurch etwas in deinem Leben verändert?

Julian: Nein, für mich persönlich hat sich nicht großartig viel verändert. Genau wie vorher auch, versuche ich mein Ding durchzuziehen und die bestmögliche Leistung abzurufen.

Was für mich allerdings einen Unterschied zu vorher darstellt, sind die deutschlandweit stattfindenden Spiele der dritten Liga. Die Jahre davor habe ich immer in der Regionalliga West mit der 2. Mannschaft des BVB gespielt. In der dritten Liga ist man sehr viel mehr unterwegs. Letzte Saison hatten wir beispielsweise vier Spiele in München.

Hinzu kommt, dass die Aufmerksamkeit der Liga sehr viel größer ist. Wir haben einige Traditionsvereine dabei, die eine starke Fankultur im Rücken haben, wie beispielswiese der 1. FC Kaiserslautern. Ich kann mich noch an deren Zeiten in der Bundesliga erinnern. Damals hätte ich niemals gedacht, einmal selbst im Fritz-Walter Stadion auf dem Rasen zu stehen. An mein erstes Spiel in deren Station werde ich mich wohl immer erinnern, das war ein sehr besonderes Gefühl.

 

 

Das ständige Reisen jede Woche muss auf Dauer sehr ermüdend sein. Wie sieht denn so ein typischer Profifußballeralltag unter der Woche aus? Steht die Erholung im Mittelpunkt oder geht es montags direkt weiter?

Julian: Das kann man gar nicht so verallgemeinern, da jeder Verein dies anders managt. Beim BVB hatten wir meist morgens früh eine Trainingseinheit. Jetzt beim SC Verl haben wir bis auf einen freien Tag jeden Tag die Woche von 14-16 Uhr Training und einmal die Woche eine Doppeleinheit. Davor und danach steht uns der Tag zur freien Verfügung. Die Möglichkeit eigene Einheiten zu machen oder in den Kraftraum zu gehen stehen uns aber immer offen.

 

Das klingt nach sehr verlockenden Arbeitszeiten.

Julian: Das liegt daran, dass man alles was drum herum passiert schnell übersieht. Individualtraining zur Verbesserung des eigenen Spiels sowie Physiotherapie zur Vorbeugung von Verletzungen sind sehr wichtige Aspekte des Trainings. Sie fallen nicht unter das täglich angesetzte Teamtraining. Am Ende des Tages weiß man definitiv, was man gemacht hat und bereitet sich auf den nächsten Tag vor. Zum Ende der Woche, beziehungsweise am Wochenende, kommen dann noch die Auswährtsfahrten hinzu. Meist reisen wir einen Tag vor dem Spiel an und verbringen daher viele Nächte außerhalb von zu Hause in Hotels.

 

Ok, letzte Frage bezüglich deines Werdegangs: Welcher war die bislang schönste und welche die schlimmste Erfahrung, die du während deiner noch jungen Karriere erlebt hast?

Julian: Meine schönste Erfahrung war definitiv der Titelgewinn der Jugend-Bundesliga, damals mit der U17 und U19 vom BVB sowie das Auflaufen für die deutsche Jugendnationalmannschaft.

Aber auch die etlichen Turniere im Ausland, wie beispielsweise in der Karibik waren eine unfassbare Erfahrung. Dadurch bin ich bereits sehr viel rumgekommen und habe die unterschiedlichsten Orte der Erde gesehen.

Meine schlimmsten Erfahrungen waren meine beiden Verletzungsphasen in der U15 und der U23, sowie den damit verbundenen Arbeiten am Comeback. Während meiner Zeit in der U15 hatte ich mir das Sprunggelenk gebrochen, und ein paar Jahre später in der U23 das Außenband im Knie gerissen. Mental waren das enorme Rückschläge. Glücklicherweise haben mich die guten ärztlichen Behandlungen und Reha-Aufenthalte wieder zurück aufs Spielfeld gebracht!

 

Das erste Mal auf dem Spielfeld standest du für den SV Endorf. Was ist dein erster Gedanke, wenn du an deine Anfangszeiten dort zurückdenkst?

Julian: Einfach gedankenfrei und zwanglos Fußball mit Freunden zu spielen. Fußball war schon immer das, was mir am meisten Spaß gemacht hat, und was ich jeden Tag nach der Schule mit Freunden gemacht habe. Das ist zum Glück auch heute noch so, nur dass es neben meiner Leidenschaft auch mein Beruf ist.

 

 

Deine Freizeit damals im Sauerland war also bereits vom Fußball geprägt. Wenn du heute ins Sauerland zurückkehrst ist es ja eher der Regeneration gewidmet. Wie ist es für dich, wenn du ins Sauerland zurückkehrst? Verbringst du auch heute noch jede freie Minute auf dem Bolzplatz?

Julian: Alles in allem bin ich ein sehr heimatverbundener Familienmensch, und freue mich daher bei Besuchen zu Hause die Familie zu sehen, und einfach die Zeit mit ihnen zu verbringen. Der Kontakt zu allen Familienmitgliedern ist eine meiner großen Prioritäten und sehr wichtig für mich, da es für mich der perfekte Ausgleich ist. Dabei ist es vor allem die Zeit mit meinem Bruder, welche ich besonders schätze.

 

Wenn du die Zeit mit deiner Familie verbringst, freust du dich dann einfach zu Hause zu sein oder hast du bestimmte Rückzugsorte die du gerne besuchst?

Julian: Nein, tatsächlich habe ich da keinen speziellen Ort. Am liebsten bin ich einfach zu Hause bei der Familie, und bin dann auch froh einfach da zu sein. Da ich durch die schon angesprochenen Auswärtsfahrten unter der Woche teilweise schon viel unterwegs bin, ist der Drang etwas zu unternehmen bei mir nie wirklich groß.

 

Da du dich als einen sehr heimatverbundenen Menschen beschreibst, hat das Sauerland auch einen emotionalen Stellenwert für dich?

Julian: Das hat es definitiv! Wenn ich an das Sauerland denke, verbinde ich damit durchgehend positive Momente meines Lebens. Hier bin ich groß geworden und aufgewachsen. Vor allem die ganze Art und Weise, in der ich aufwuchs, hat einen riesigen Einfluss auf meine Persönlichkeitsentwicklung genommen, und mich unterm Strich auch zu dem gemacht, der ich heute eben bin. Dafür bin ich sehr dankbar.

 

Nachdem du fast die Hälfte deines Lebens im Sauerland und die andere Hälfte außerhalb verbracht hast, kannst du dir vorstellen ins Sauerland zurückzukehren?

Julian: Da habe ich mir tatsächlich noch keine Gedanken drüber gemacht, da ich nicht sagen kann, was in Zukunft alles so passiert und ich nichts ausschließen möchte.

 

Was hast du zu deinen Mitspielern gesagt, als sie dich gefragt haben, wo du ursprünglich herkommst?

Julian: Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass es am einfachsten ist, sich da langsam vorzutasten. Meist fange ich an zu sagen, dass ich aus dem Sauerland komme. Wenn sie das kennen, sage ich Arnsberg, und wenn sie das auch kennen, sage ich Sundern. Da ist für 99% der Leute allerdings dann auch Schluss (lacht).

 

Meine eigene Erfahrung ist ähnlich und viele kennen das Sauerland, waren allerdings noch nie da. Wenn dich deine Mitspieler auffordern würden etwas über das Sauerland zu erzählen, was würdest du Ihnen sagen?

Julian: Ich würde ihnen sagen, dass es hier definitiv sehr idyllisch ist. Das beste am Sauerland ist allerdings, dass es eben nicht das typische Landleben ist, sondern man die Freiheit hat, sich auszusuchen, ob es einen in eine der größeren Städte wie Arnsberg, Meschede oder Sundern zieht oder aber richtig aufs Land. Viele denken tatsächlich, dass hier Hof neben Hof steht, was allerdings nicht stimmt. Das Sauerland bietet eine bunte Mischung aus Dorf- und Kleinstadtleben an.

 

Das war auch schon alles Julian, vielen Dank, dass du dabei gewesen bist!

Julian: Vielen lieben Dank auch von meiner Seite und vielleicht ja bis bald!

 

Das waren doch mal spannende Einblicke in die Welt eines Profifussballers. Ich hoffe es hat dir gefallen. Übrigens: Alle Bilder die hier zu sehen sind, sind von mir selbst. Falls ihr mehr davon sehen wollt, schau gerne mal auf Instagram vorbei!